Wenn die Luft nach gebrannten Mandeln und Glühwein duftet, Lichterketten ganze Plätze in warmes Gold tauchen und leise Weihnachtsmusik zwischen alten Fassaden erklingt, beginnt für mich die schönste Zeit des Jahres: die Saison der Weihnachtsmärkte in Europa. Seit vielen Jahren reise ich im Advent kreuz und quer über den Kontinent, um neue Märkte zu entdecken – von traditionsreichen Klassikern in Deutschland bis hin zu romantischen Winterdörfern in Osteuropa und Skandinavien.
Warum Weihnachtsmärkte in Europa so besonders sind
Was mich an europäischen Weihnachtsmärkten immer wieder fasziniert, ist die Mischung aus Geschichte, regionaler Kultur und echter Gemütlichkeit. Jeder Markt erzählt seine eigene Geschichte: mal mittelalterlich, mal königlich-prunkvoll, mal hip und modern. Und gleichzeitig ähneln sie sich in einem Punkt: Sie bringen Menschen zusammen – beim gemeinsamen Anstoßen mit Glühwein, beim Staunen über Handwerkskunst oder beim Frieren an der Feuerschale, während über einem ein klarer Winterhimmel funkelt.
Für Reisende sind Weihnachtsmärkte die perfekte Gelegenheit, eine Stadt im Winterkleid zu erleben – oft fernab der typischen Sommermassen. Man sieht historische Plätze im Lichterglanz, entdeckt regionale Spezialitäten und taucht viel tiefer in die Kultur ein, als es ein normaler Stadtbummel im Juli je könnte.
Die großen Klassiker in Deutschland
In Deutschland hat die Tradition der Weihnachtsmärkte besonders tiefe Wurzeln. Einige Märkte gibt es seit vielen Jahrhunderten, und ich merke jedes Mal, wie sehr die Städte auf diese Zeit hinarbeiten.
Nürnberg – der berühmte Christkindlesmarkt
Der Nürnberger Christkindlesmarkt gehört zu den bekanntesten Märkten Europas. Die Kulisse rund um die Frauenkirche ist einfach märchenhaft, sobald die roten Dachstände leuchten. Besonders mag ich:
- die traditionellen Nürnberger Lebkuchen, gerne noch ofenwarm
- die berühmten Nürnberger Rostbratwürste im Brötchen
- das Auftreten des Nürnberger Christkinds zur Eröffnung (sehr feierlich!)
Der Markt ist sehr populär und eng – ich plane deshalb gern einen Besuch unter der Woche am frühen Abend ein, wenn die Atmosphäre am schönsten ist.
Dresden – Striezelmarkt mit barocker Kulisse
Der Dresdner Striezelmarkt ist einer der ältesten Weihnachtsmärkte der Welt. Die barocken Fassaden und die Frauenkirche in der Nähe sorgen für eine historische Atmosphäre, die mich jedes Mal aufs Neue beeindruckt. Hier steht der Stollen im Mittelpunkt – in keiner anderen Stadt habe ich so viele verschiedene Sorten gesehen. Mein Tipp: eine Stollenverkostung an einem der Stände einplanen und dazu einen sächsischen Glühwein probieren.
Köln – Weihnachtszauber unterm Dom
In Köln liebe ich die Mischung aus rheinischer Lebensfreude und festlicher Stimmung. Den Hauptmarkt direkt vor dem Kölner Dom kennt fast jeder: Tausende Lichter, Kunsthandwerk und ein großes Kinderprogramm. Besonders charmant finde ich aber auch die kleineren Märkte, etwa:
- den „Markt der Engel“ am Neumarkt mit seinen schwebenden Engeln
- den Hafen-Weihnachtsmarkt am Rhein mit maritimer Note
Wer mehrere Tage bleibt, kann jeden Abend einem anderen Markt in der Stadt einen Besuch abstatten – langweilig wird es garantiert nicht.
Österreich: Kaiserliche Adventsstimmung
Österreich hat ein besonders feines Gespür für stimmungsvolle Inszenierung – und das zeigt sich auch in der Adventszeit.
Wien – romantische Pracht und viel Kultur
Wien ist für mich eine der elegantesten Adventsmetropolen Europas. Vor dem Rathaus entsteht jedes Jahr ein riesiger Christkindlmarkt, mit einem Eislaufpfad durch den Park, funkelnden Bäumen und vielen Ständen mit Handwerk aus Österreich. Zusätzlich gibt es kleinere, oft stimmungsvollere Märkte:
- den Weihnachtsmarkt am Spittelberg in engen Gassen mit Biedermeiercharme
- den Adventmarkt vor Schloss Schönbrunn – barocke Kulisse inklusive
Zwischendurch wärme ich mich am liebsten in einem Kaffeehaus auf – mit Melange und Sachertorte. Kaum irgendwo lässt sich der Bruch zwischen winterlicher Kälte draußen und gemütlicher Wärme drinnen so zelebrieren wie in Wien.
Salzburg – Advent zwischen Bergen und Barock
Salzburg wirkt im Advent fast wie eine Bühne: Die Festung Hohensalzburg thront über der Stadt, in der Altstadt leuchten Lichtergirlanden, und auf den Plätzen finden sich romantische Stände. Der Christkindlmarkt am Dom- und Residenzplatz ist klein genug, um überschaubar zu sein, und doch vielfältig. Besonders schön finde ich die traditionellen Bläser-Konzerte und den Duft von Salzburger Nockerln, Bratäpfeln und Maroni.
Frankreich: Elsässische Märchenstädte
Wenn ich an französische Weihnachtsmärkte denke, fällt mir sofort das Elsass ein – eine Region, die zur Adventszeit endgültig wie einem Bilderbuch entsprungen wirkt.
Straßburg – „Capitale de Noël“
Straßburg bezeichnet sich selbst als „Weihnachtshauptstadt“ – und tatsächlich strahlt die Stadt eine einzigartige festliche Energie aus. Rund um den Straßburger Münster ziehen sich Weihnachtsmärkte durch die Altstadt, jede Gasse ist geschmückt. Unbedingt probieren sollte man:
- Vin chaud (französischer Glühwein, oft mit Zimt und Orange)
- Bredele – traditionelle elsässische Weihnachtsplätzchen
- Tarte flambée als herzhafte Basis zwischen den süßen Genüssen
Ich mag die Mischung aus französischer Eleganz und deutscher Weihnachtsmarktkultur – ein echtes Grenzerlebnis im besten Sinn.
Colmar – ein lebendiges Weihnachtsdorf
Colmar ist ohnehin schon ein Postkartenstädtchen – im Advent verwandelt es sich in ein einziges Weihnachtspanorama. Fachwerkhäuser, Kanäle, Lichterketten und mehrere kleine, thematisch unterschiedliche Märkte machen jeden Spaziergang zum Erlebnis. Besonders reizvoll ist ein Besuch am späten Nachmittag, wenn die Lichter angehen und sich die Stadt im Wasser spiegelt.
Skandinavien: Hygge im hohen Norden
Wer es etwas nordischer mag, wird in Skandinavien glücklich. Die Märkte sind oft kleiner als in Mitteleuropa, aber sehr liebevoll gestaltet.
Kopenhagen – Weihnachten wie im Bilderbuch
In Kopenhagen ist der Tivoli-Garten mein persönliches Highlight im Advent. Der historische Vergnügungspark wird in ein Winterwunderland verwandelt – mit Lichterketten, Fahrgeschäften, Eislaufbahn und kleinen Ständen. Probieren sollte man unbedingt:
- Gløgg – dänischer Glühwein mit Mandeln und Rosinen
- Æbleskiver – runde Pfannkuchenbällchen, meist mit Puderzucker
Die Dänen nennen die winterliche Gemütlichkeit „Hygge“ – und genau dieses Gefühl stellt sich ein, wenn man mit kalten Händen eine Tasse Gløgg umklammert.
Stockholm – Advent in der Altstadt
In Stockholm gefällt mir besonders der Markt in Gamla Stan, der Altstadt. Umgeben von bunten Häusern und engen Gassen stehen rote Marktbuden dicht an dicht. Es gibt schwedische Spezialitäten wie Pepparkakor (Lebkuchen), Safran-Hefegebäck (Lussekatter) und natürlich Glögg. Die Wintertage sind kurz, aber das macht die Atmosphäre nur noch intensiver: Licht ist hier etwas Kostbares, das man auf jedem Platz spürt.
Osteuropa: Romantik und Tradition
In Osteuropa habe ich einige der romantischsten Weihnachtsmärkte entdeckt – oft mit deutlich weniger Andrang als in den großen westeuropäischen Städten.
Prag – Märchenhafte Kulisse an der Moldau
Der Weihnachtsmarkt auf dem Altstädter Ring in Prag ist ein Traum für alle, die historische Kulissen lieben: Teynkirche, Astronomische Uhr, bunte Häuser – und dazwischen ein Wald aus Lichterketten. Kulinarisch lohnt sich:
- Trdelník – ein süßes Gebäck in Zylinderform, frisch über offenem Feuer gebacken
- gegrillte Würste und deftige Eintöpfe
- tschechisches Bier für alle, die lieber etwas Herzhaftes im Glas haben
Gerade abends, wenn sich weniger Menschen auf dem Platz tummeln, wirkt die Stadt wie eine Kulisse aus einem Weihnachtsfilm.
Budapest – Lichterzauber an der Donau
In Budapest verteilen sich mehrere stimmungsvolle Märkte über die Stadt. Der Weihnachtsmarkt auf dem Platz vor der St.-Stephans-Basilika beeindruckt mich jedes Mal mit einer Lichtshow, die auf die Fassade projiziert wird. Die Mischung aus ungarischer Küche, Live-Musik und beleuchteter Donauufer-Promenade macht Budapest zu einem wunderbaren Ziel für ein Adventswochenende.
Kulinarische Höhepunkte: Genuss zwischen Glühwein und Gourmetküche
Für mich sind Weihnachtsmärkte nicht nur optisch, sondern vor allem kulinarisch ein Fest. Je nach Region variiert das Angebot stark – und genau das macht das Reisen von Markt zu Markt so spannend.
Typische Spezialitäten, die ich besonders schätze:
- Deutschland & Österreich: Bratwürste, Lebkuchen, Stollen, Käsefondue, Maroni, Raclette-Brote
- Frankreich (Elsass): Flammkuchen, Bredele, Foie gras (auf Feinschmecker-Märkten), Vin chaud
- Skandinavien: Gløgg/Glögg, Zimtschnecken, Safrangebäck, kräftige Eintöpfe
- Osteuropa: Deftige Suppen, geräuchertes Fleisch, Honigwein, süße Hefegebäcke
Wer gern gut isst, sollte neben dem Marktbesuch auch Zeit für lokale Restaurants einplanen. In Städten wie Wien, Straßburg oder Prag gibt es viele Häuser, die spezielle Adventsmenüs anbieten – oft mit regionalen Klassikern und einem weihnachtlichen Twist.
Praktische Tipps: Beste Reisezeit, Transport und Unterkunft
Die meisten Weihnachtsmärkte in Europa öffnen Ende November und bleiben bis kurz vor Weihnachten, manche – etwa in Wien oder einigen deutschen Großstädten – sogar bis zum Jahreswechsel.
Beste Reisezeit: Ich plane meine Reisen gern zwischen der ersten und dritten Adventswoche. Unter der Woche ist es deutlich leerer, und Flüge oder Züge sind meist günstiger. Wochenenden und der Feiertagsbereich um den 8. Dezember (v. a. in katholischen Ländern) können sehr voll werden.
Anreise: Viele Weihnachtsmarkt-Städte sind ideal per Bahn erreichbar – besonders, wenn du innerhalb Europas unterwegs bist. Für kürzere Trips nutze ich häufig:
- den Zug zwischen deutschen, österreichischen und Schweizer Städten
- den TGV/ICE/Eurostar für Frankreich und Benelux
- günstige Flugverbindungen nach Skandinavien und Osteuropa
Vor Ort reicht oft ein gutes Paar Winterstiefel – viele Märkte liegen fußläufig in den Altstädten. In größeren Metropolen wie Wien, Budapest oder Stockholm erleichtern U-Bahn und Tram den Wechsel zwischen verschiedenen Märkten.
Unterkunft: In der Adventszeit steigen die Preise in besonders beliebten Städten merklich. Ich buche deshalb:
- mindestens 4–6 Wochen im Voraus in Klassikern wie Nürnberg, Wien, Straßburg
- Hotels oder Pensionen nahe der Altstadt, um abends zu Fuß zurückzugehen
- gelegentlich Apartments, wenn ich länger bleibe oder selbst kochen möchte
Romantik & besondere Erlebnisse auf Weihnachtsmärkten
Weihnachtsmärkte sind perfekte Kulissen für romantische Kurztrips, aber auch für Familienreisen oder Solotouren. Besonders atmosphärisch finde ich:
- eine Kutschfahrt durch verschneite Straßen, etwa in Salzburg oder Wien
- eine Bootsfahrt auf der Donau in Budapest oder auf der Moldau in Prag mit Blick auf die beleuchtete Stadt
- Eislaufen vor imposanten Gebäuden, zum Beispiel am Rathaus in Wien oder im Tivoli in Kopenhagen
- abends auf einen Turm steigen (Domtürme, Festungen, Aussichtspunkte) und von oben auf die leuchtenden Märkte blicken
Für mich gehören auch kleine Pausen abseits des Trubels dazu: ein stiller Moment in einer Kirche, ein kurzer Spaziergang durch leere Gassen, ein Cafébesuch, wenn die Finger zu kalt werden. So wechseln sich Genuss und Ruhe ab – und aus einem einfachen Stadtbesuch wird eine Reise, an die ich mich lange erinnere.
Vielleicht planst du gerade deinen nächsten Adventstrip durch Europa. Wenn du mich fragst: Es lohnt sich, jedes Jahr eine neue Stadt und einen neuen Markt zu entdecken – jede Region, jeder Platz, jedes Glas Glühwein erzählt eine andere Geschichte.
Herzlich,
Ella
